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Auf dem Fahrrad um die Welt

Valeska Schaudy auf den Straßen dieser Welt - in diesem Fall in Indien. © Foto: Philipp Schaudy

Vom Nordkap bis Kapstadt, von Alaska bis Feuerland, eine Runde um Australien, gewürzt mit ein bisschen Indien, Südostasien und Neuseeland. So in etwa lautete die Route auf der Philipp und Valeska Schaudy am Fahrrad die Welt umrundeten. Fast sechs Jahre, 87.020 Kilometer und 67 platte Reifen später schlossen sie dieses Abenteuer erfolgreich ab.

Wie kommt man auf die Idee um die Welt zu radeln?

Philipp: Das war eine Folgeerscheinung aus vorhergegangenen Reisen. Ich bin mal mit dem Rad über Land nach Indien, Südostasien und durch Australien geradelt. Danach mit Valeska gemeinsam fünf Monate durch Alaska und Kanada – mit Rad und Kanu im Wechselspiel. Bei dieser Tour haben wir beschlossen, das nächste Mal mit „open end“ loszufahren – damit war die Idee der Fahrradweltreise geboren.

Wie plant man so eine Route?

Valeska: Grundsätzlich wussten wir, wo wir losradeln und wo wir ankommen wollten. Was dazwischen war, hat sich unterwegs ergeben, manchmal auch sehr spontan, wenn uns Leute Tipps für die bevorstehende Strecke gegeben haben. Wir haben uns natürlich immer rechtzeitig erkundigt, wie die Lage in den jeweiligen Regionen gerade aussieht und uns um unsere Visa gekümmert. Aber generell hat sich das meiste unterwegs ergeben.

Gibt es eine Lieblingsetappe?

Valeska: Das kann man eigentlich nicht beantworten. Manchmal macht es Spaß, ständig von Leuten umringt zu sein, genauso wie es gut tut, auf anderen Kontinenten die Einsamkeit zu genießen. Jede Strecke, jede Landschaft hat etwas Besonderes. Unsere Reiseroute brachte uns diese Abwechslung in ganz wunderbaren Happen. Die Wildnis Kanadas und Alaskas ist uns schon ein bisschen ans Herz gewachsen. Es ist einfacher zu sagen, wo wir uns weniger wohl gefühlt haben: In manchen Teilen Mittel- und Südamerikas haben wir uns aufgrund der hohen Kriminalität nicht immer sicher gefühlt. Nachts durch Orte zu spazieren war tabu, alles war vergittert, bewacht und gesichert. Oft war für uns ein richtiges Knistern in der Luft zu spüren.

Welche Erfahrungen habt ihr auf der Reise gesammelt?

Philipp: Wenn man mit dem Rad reist, ist der Kontakt oft sehr rasch und auch einfach hergestellt. Es öffnet viele Türen und lässt einen in viele Kulturen und Gesellschaftsschichten eintauchen. Oft sind Begegnungen sehr intensiv – weil man so langsam unterwegs ist, so nahe an den Menschen dran ist und man ständig etwas braucht. Ich glaube die größte Erfahrung war für uns, dass wir so gut wie überall willkommen waren, uns geholfen wurde, wenn wir Hilfe benötigten und die Menschen generell überall gut zu uns waren. Wir wurden weder bestohlen noch überfallen. Im Gegenteil: häufig sind wir auf der Straße beschenkt worden – meistens mit Lebensmitteln. Manchmal hat man uns nach Hause eingeladen, verköstigt und uns einen sicheren Schlafplatz angeboten. Wir hatten Kontakt zu den Reichen in Südafrika, genauso wie zu den ärmsten in Nicaragua. Aufgenommen wurden wir überall herzlich. Diese Erfahrung haben wir auch in gefährlicheren Ländern wie Syrien, Sudan und auch Kolumbien gemacht. Grundsätzlich sind es Regierungen und Systeme, die ganze Völker in ein negatives Licht rücken. Durch Gastfreundschaft zu erleben, dass es nicht so ist, ist eine tolle Erfahrung.

Gibt es Erlebnisse, die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?

Philipp: In den USA haben wir z.B. mit Arnold Schwarzenegger im Kapitol Kaffee getrunken. Ein paar Tage später sind wir mit Farmern, Arbeitern und Truckern auf einem staubigen Parkplatz in der Wüste nachts um ein Ölfass, in dem ein Holzfeuer brannte, gestanden und haben Bier getrunken. Beides waren spannende und besondere Momente.

Lesen Sie hier weiter, wie sie sich Philipp und Valeska auf die Reise vorbereitet haben, was sie besonders bewegt hat und wie sie wieder im normalen Leben angekommen sind.

Was hat euch besonders bewegt?

Philipp: Im Frühling 2007 hat uns eine Familie in Aleppo in Syrien für ein paar Tage besonders herzlich bei sich aufgenommen. Es war wunderschön in diese Kultur einzutauchen und es hat sich eine wirkliche Freundschaft daraus entwickelt. Seitdem hatten wir immer wieder Kontakt. Mit dem Krieg riss dieser ab. Wir haben lange nicht gewusst was mit ihnen passiert ist und befürchteten das schlimmste. Vor kurzem hat sich der Vater der Familie bei uns wieder gemeldet. Ihm, seiner Frau und den vier Kindern geht es gut. Sie konnten über die Türkei nach Dänemark flüchten.

Wie sah die Reisevorbereitung aus?

Philipp: Auf eine mehrjährige Reise kann man sich nicht wirklich vorbereiten. Es wäre auch vergeudete Zeit, da sich unterwegs so viel ergibt und man im Endeffekt vieles komplett anders macht als man es davor geplant hat. Die Vorbereitung war daher recht kurz. Wir wussten nur, dass wir im ersten Jahr durch Afrika und den Nahen Osten fahren wollten. Die Frage war nur welche Route wir durch Afrika nehmen sollen. Das war aber relativ schnell klar. Grundsätzlich geht es bei so einer Reise nur um das Losfahren. Das ist der einzige wirkliche Schritt den man machen muss, das Unterwegssein ist im Endeffekt einfach.

Valeska: Auch das Radfahren – ca. 6-8 Stunden am Tag – kann man vorher nicht trainieren, denn die Zeit hat man normalerweise nicht. Die Muskeln baut man dann in den ersten paar Wochen auf.

War es schwer passende Ausrüstung zu finden?

Philipp: Nachdem dies nicht unsere erste Reise dieser Art war und wir auch sonst sehr viel in der Natur unterwegs sind, war die Wahl der Ausrüstung relativ einfach. Wir waren über unsere Sponsoren sehr gut ausgerüstet. Unterwegs haben wir auch immer wieder neues Material bekommen und darüber auch Testberichte geschrieben.

Worauf habt ihr beim Rad geachtet?

Philipp: Wir wollten gute Qualität aber kein Hightech. „Keep it simple“ war generell unsere Devise, denn nur was einfach ist kann man auch überall reparieren – das hat sich v.a. auf der Fahrt durch Afrika, aber auch in Südamerika und Asien bezahlt gemacht. Die Ersatzteile, die essenziell für ein Weiterkommen sind und die man unterwegs wahrscheinlich nur in den wenigsten Fällen bekommen wird, hatten wir immer dabei. Wichtig für uns war auch die Wahl eines pannensicheren Reifens.

Wie trotzt man der Witterung?

Valeska: Wir haben natürlich in kalten und feuchten Gegenden relativ mehr Ausrüstung an Bord gehabt, als in der Wüste. Schutz gegen Regen und Kälte ist denke ich relativ klar – warme und wasserdichte Kleidung und ein gutes Zelt mit Vorzelten für die Ausrüstung. Sonne und Hitze war eher ein Problem. Wir sind in Wüstengegenden immer mit langen Hosen und Hemden gefahren, um nicht so viel Sonnenstrahlung abzubekommen. Das erfordert bei Temperaturen um die 50 Grad eine gewisse Überwindung. In solchen Gebieten haben wir auch jede Menge Sonnencreme. Auf diesen Strecken haben wir teilweise auch bis zu 30 Liter Wasser transportiert, da wir nicht täglich die Möglichkeit hatten es aufzufüllen.

Habt ihr die Jahreszeiten bewusst eingeplant?

Philipp: Anfangs haben wir uns wenig Gedanken um die Jahreszeiten gemacht. Wir sind viel zu spät im Oktober 2006 am Nordkap gestartet, weshalb uns Schnee- und Regen durch Europa begleitet haben. Durch die Sahara sind wir während der heißesten Jahreszeit. Das war auch in Namibia, das wir im Süd-Sommer durchquert haben, der Fall. Wir haben daraus gelernt und bewusster darauf geachtet, Extremregionen in fahrrad-freundlichen Jahreszeiten zu bereisen. Den Plan von Feuerland nach Alaska zu fahren, haben wir zum Beispiel komplett umgedreht, weil der Wind vor allem aus Nordwesten kommt.

Gegenwind ist sicherlich recht unangenehm auf solchen Langstrecken?

Valeska: Wind ist wohl das aufreibendste und zermürbendste für Radreisende. Manchmal hatten wir in der Sahara Sandstürme, die ganze Dünen auf die Straße wehten und uns komplett die Sicht geraubt hatten. Dann gab es Gegenden, wie Patagonien, in denen die Stürme so stark waren, dass man nicht mehr am Rad sitzen konnte und wir die Räder bis zur nächsten Kurve schieben mussten. Dagegen kann man nichts machen, außer versuchen trotzdem vorwärts zu kommen.

Wie habt ihr die Reise finanziert?

Philipp: Bevor es losging, haben wir drei Jahre auf Spitzbergen gelebt, als Guides gearbeitet und gespart. Grundsätzlich braucht man mit null Fixkosten zuhause und einem Rad als Fortbewegungsmittel kaum Geld. Zwischendurch sind wir auch unserer Tätigkeit als Reiseleiter auf kleinen Expeditionsschiffen in der Arktis und Antarktis nachgegangen. Wir haben die Räder für einen Monat geparkt, haben ein paar Reisen geleitet und sind danach wieder weiter gefahren. Das war ein gutes Zubrot.

Wie ernährt man sich bei einem solchen Abenteuer?

Philipp: Grundsätzlich vom örtlichen Angebot. Es muss auf alle Fälle viel sein. Es ist erstaunlich, welche Mengen man verdrücken kann, wenn man fast täglich stundenlang am Rad sitzt. Wir haben gegessen, was es unterwegs neben der Straße an Angebot gegeben hat. Wenn es nur Kekse waren, dann haben wir Kekse gegessen, wenn es Pommes waren, dann gab es halt nur Pommes und wenn in Indien oder China ganze Menüs angeboten wurden, sind wir auch mittags richtig Essen gegangen. Wenn wir selbst gekocht haben, dann gab es morgens normalerweise Müsli, mittags bestenfalls eine Brot- und Käsejause und abends Nudeln oder Reis mit Gemüse – und davon jede Menge.

Würdet ihr das wieder machen oder etwas anders machen?

Valeska: Ja, das würden wir aber nicht nur zu zweit, sondern auch mit unserer Tochter. Ich glaube, wir sind genau so gereist, wie es für uns am besten war. Wir hatten immer eine Idee und einen Zeitplan im Kopf, haben uns aber trotzdem genügend Zeit gelassen. Wir waren genau so unterwegs wie es unserem Naturell entsprochen hat. Ich würde nicht wirklich etwas anders machen.

Gibt es ein Nachfolgeprojekt?

Philipp: Ideen gibt es viele, aber unsere Tochter muss erst noch ein bisschen reisefester werden. Zurzeit ist unser Radius etwas klein. Aber mit Sicherheit geht es im Frühling mal wieder mit Kinderanhänger auf eine „längere“ Tour.

War es schwer sich dann wieder an das Leben zuhause zu gewöhnen?

Philipp: Nein, nicht wirklich. Unsere Weltreise beschäftigt uns ja nach wie vor. Wieder zuhause haben wir begonnen unsere Reisezeit aufzuarbeiten und niederzuschreiben. Daraus ist unser Buch „2-Rad-Abenteuer“ entstanden. Es ist eine Kurzgeschichtensammlung von einzelnen Begegnungen, Erlebnissen und Streckenabschnitten. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen und bestimmt nicht nur für Rad-Reisende und Weltentdecker interessant. Wir haben auf Reisen auch gut 70.000 Fotos geschossen. Die mussten erst einmal gesichtet werden, um sie zu einem Multimedia-Vortrag verarbeiten zu können.

Valeska und Philipp haben ihre Reise dokumentiert. Erfahrungen, Erlebnisse und Abenteuer aus fünf Jahren auf dem Fahrrad um die Welt können Sie im Buch “2-Rad-Abenteuer” lesen. Zur Buchbestellung klicken Sie einfach auf das Bild.

ISBN 978-3-902920-06-5

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