Ernst Bromeis setzt sich seit 2008 mit seinem Verein “Das blaue Wunder” dafür ein, dass wir uns von dieser knappen Ressource wieder berühren lassen.
Ernst Bromeis
ist studierter Sportlehrer und Spitzensporttrainer. Er engagiert sich als Wasser-Referent an Schulen und Manager-Tagungen und für den Aufbau eines Wasserkompetenz-Zentrums in Graubünden.
Was war Ihr Beweggrund, Wasserbotschafter zu werden?
Die primäre Botschaft ist, das Wasser endlich ist, auch in unseren Breitengraden. In den Alpen haben wir das Gefühl, dass Wasser unendlich ist, sich im ewigen Kreislauf befindet und wir somit einen Teil verschwenden können. Ich wollte eine Initiative da starten, wo ich zu Hause bin: mitten in den Alpen. Deshalb schwamm ich im Rahmen meiner ersten Expedition durch die Bergseen, um einerseits darauf aufmerksam zu machen, wie schön das eigentlich ist, und andererseits, wie wertvoll diese Landschaft ist.
Die Botschaft ist: Wenn Sie etwas schön finden, dann schätzen und schützen Sie das auch.
Man könnte auch sagen, wenn Sie das Wasser lieben, dann gehen Sie auch anders damit um. Dasselbe ist es ja auch bei uns, wenn Sie einen Menschen kennen oder lieben, dann wertschätzen Sie diesen auch. Der Spitzensport ist leider zu chauvinistisch und zielt zu oft darauf ab, welche Nation die Erfolgreichste ist. Ich wollte wirklich etwas mit meinen Fertigkeiten versuchen, etwas mit einem philosophischen und künstlerischem Ansatz in Bewegung bringen. Schlussendlich etwas in den Köpfen der Menschen in Bewegung bringen und diese in Folge auch zum Handeln bewegen. Das ist es, was die Tätigkeit als Wasserbotschafter auszeichnet. Es wäre das Schönste, wenn die Leute dieses Kampagne lesen und selbst zu Wasserbotschaftern werden.
In der westlichen Welt sind wir relativ gut informiert und wir wissen, dass es Menschen auf der Welt gibt, die keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Wir wissen, dass unsere Flüsse und Seen mit Mikroplastik kontaminiert sind. Wir kennen alle Fakten, doch sie berühren nur unsere Köpfe und nicht unsere Seelen. Wir wissen vielleicht auch noch, dass wir Nahrung aus der Region kaufen sollten und nicht aus Spanien. Obwohl wir diese Fakten und Zahlen kennen, ist es schwierig, diese in eine Handlung zu bringen. Da kommt das Schwimmen ins Spiel. Wir können alle Zahlen der Welt kennen, aber wenn diese Daten unsere Herzen nicht berühren, wird es zu keiner Handlung kommen. Deshalb steige ich ins Wasser, damit ich davon berührt werde. Das löst etwas in mir aus. Wenn wir Teil vom Wasser sind, dann schmeiße ich auch nichts rein ins Wasser, dann habe ich Bezug dazu und in Folge auch Respekt und gehe verantwortungsvoll mit dieser Ressource um.
Wir müssen mit den Menschen ans Wasser gehen, ins Wasser steigen und uns vom Fluss berühren lassen.
Wie können wir uns mehr vom Wasser berühren lassen und ins Handeln kommen?
Wir müssen mit den Menschen ans Wasser gehen, ins Wasser steigen und uns vom Fluss berühren lassen. Denn nur dann sind wir auch berührt. Wenn zum Beispiel eine Person in Tirol den Inn berührt, dann steht er gleichzeitig im Kontakt mit jemandem in Wien, der die Donau berührt. Da beginnt der Akt der Solidarität und der Empathie für die Umwelt. Wir sind alle vom gleichen Wasser abhängig, um uns dafür zu sensibilisieren, müssen wir damit in Kontakt treten. In dieser hochzivilisierten Welt sind wir nicht mehr so im Einklang mit der Natur wie noch vor 200 Jahren. Nach draußen zu gehen, ist heutzutage stark ökonomisiert und ein Business geworden. Wir gehen vielleicht eine Stunde Langlaufen, aber alles was wir an uns haben ist Hightech. Aber dieses Archaische, sich halbnackt in den Schnee zu werfen und unseren Körper von der Natur berühren zu lassen, sowas machen wir nicht mehr. Wir müssen barfuß laufen, es geht nicht über das Gehirn, Sensibilisierung geht über die Haut. Wenn wir das zulassen, dann wird uns klar, was die Folgetaten sind. Es wird klar, dass man keinen Abfall ins Wasser wirft, dass man keine Landwirtschaft betreiben kann, die schonungslos Pestizide einsetzt.
Wenn man in ein Gewässer eintaucht, dann ist es etwas Sinnliches.
Eine Ihrer größten Aktionen war es, in 44 Tagen durch den Rhein zu schwimmen. Wie war das für Sie?
Wenn man in ein Gewässer eintaucht, dann ist es etwas Sinnliches. Die vielen Daten und Fakten sind clean, wissenschaftlich und emotionslos. Das soll auch so sein. Aber wir Menschen sind sinnliche Wesen, wir verlieben und wir trauern, wenn jemand stirbt. Im Wort steckt es bereits, der Sinn. Wir müssen den Mut haben, dieses Sinnliche in dieser digitalen Welt zu finden. Jede Aktion ist ein Abenteuer, aber der Rhein ist speziell, weil er mitten in den Alpen entspringt und ganz im Gegensatz dazu im drittgrößten Hafen der Welt endet, in Rotterdam. Man beginnt also in den Alpen, diesem archaischen und noch recht naturbelassenem Raum. schwimmt durch die Zivilisation und endet in der großen globalen Wirtschaft. Da, wo das Süßwasser sich mit dem Salzwasser verbindet – dass auf der Zunge zu spüren ist so intensiv. Über Wochen habe ich in diesem Fluss gelebt und erlebe am Ende diese Naturgewalt, eine Gesetzmäßigkeit seit Jahrmillionen, wo ein großer Strom sich mit dem weiten Meer verbindet. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich.